Friedi Kühne bei seinem Weltrekord, Foto Anna Sandler |
Profi-Slackliner Friedi Kühne aus Bad Aibling balanciert mit verbundenen Augen über eine 1000 Meter lange und 200 Meter hohe Slackline in Russland und stellt damit einen neuen „offsight“-Highline-Weltrekord auf. Einen Tag später schafft es am gleichen Ort auch Lukas Irmler aus Freising.
Der Slacklinesport hat sich in den letzten Jahren sportlich enorm entwickelt. Einer, der hier ganz vorne mitmischt, ist Friedi Kühne aus Bad Aibling. Vor kurzem stand er noch für ein ausführliches Portrait in der Sportreportage des ZDF‘s auf der Slackline am Wendelstein. Zurück zu den Wurzeln sozusagen, wo er und seine heimischen Slackline-Freunde Alexander Schulz, Julian Mittermaier, Lukas Irmler, Valentin Rapp und Marinus Spatzier 2012 erstmals eine Highline aufgebaut hatten. Friedi Kühne, der mittlerweile sein Studium in Mathematik und Englisch für das gymnasiale Lehramt erfolgreich abgeschlossen hat, ist seither ziemlich extrem unterwegs und sucht immer wieder neue, spektakuläre Herausforderungen auf der Slackline. Als erster Mensch überquerte der 29jährige Oberbayer Mitte September 2017 im französischen Verdon eine über 100 Meter lange Highline ohne Sicherung. Damit übertraf er den bisherigen Free Solo Weltrekord, den er selbst ein Jahr zuvor in Kanada aufgestellt hatte, um ganze 38 Meter. Jetzt stellte er einen neuen Highline-Weltrekord auf: Er bewältigte als erster Mensch am 27. April 2019 bei Kislovodsk in Russland im nördlichen Kaukasus mit verbundenen Augen eine 1000 Meter lange und 200 Meter hohe Highline.
Mühevoller Aufbau der Highline, Foto Anna Sandler |
Nicht denken, einfach nur machen
Mit verbundenen Augen zu gehen, sei mental eine ganz besondere Herausforderung, sagt Kühne, der zusammen mit den Athleten Samuel Volery, Mia Noblet, Anthony Hotte, Anthony Boulay und Guillaume Fontaine auch den Weltrekord der längsten, komplett begangenen Highline hält (1900 Meter Länge, begangen 2018 in Kanada). „Die Schwierigkeit und gleichzeitig der Reiz beim Blindlaufen ist, dass man mit einem Sinn weniger auskommen muss. Das Augenlicht ist Teil der Balance, wird aber, wenn es wegfällt, nach einiger Zeit fast vollständig von den anderen Sinnen kompensiert. Das innere Gleichgewicht, Gehör und Tastsinn werden geschärft wie sonst nie. Wenn man seine Umgebung so ausblendet ist der Lauf einer so langen Line sogar noch meditativer als sonst. Ich habe in der Mitte mehrere 100 Meter zurück gelegt in denen ich auf nichts geachtet habe als auf mein unfassbar lautes, gleichmäßiges Atmen. Es hat sich fast wie Yoga angefühlt. Ein Flow-Erlebnis wie ich es selten hatte, wo man einfach nur macht, ohne zu denken“, so Friedi Kühne, der gut 55 Minuten bei seinem Weltrekord auf der Highline stand.
Lukas Irmler blind unterwegs, Foto Jaan Roose |
Auch Lukas Irmler schafft den Rekord
Von Oberbayern nach Russland hat ihn eine Einladung der russischen Slackline-Community gebracht. „Slacklinen ist hier in diesem großen Land noch sehr klein und unbekannt. Aber umso enger hält die Slackline-Szene zusammen und ist super motiviert. Slacklinen ist hier vielleicht da, wo es bei uns vor zehn Jahren war. Aber Highline-Spots haben sie in rauen Mengen.“ Doch die Realisierung dieses Highline-Projekts war nicht ganz einfach. Zur Finanzierung der Highline aus einem Dyneema-Polyester-Mix, haben die Russen sogar ein eigenes Crowdfunding gestartet und Unterstützung aus aller Welt erhalten. Dazu kommt die Problematik beim Aufbau einer so langen Highline. „Man muss unglaublich viel Terrain überwinden und darf dabei die Line nicht beschädigen. Hier waren es gottseidank mehr Bäume als Felsen, die wir mit einem Team von zehn Leuten und 1000 Meter Seil mühsam überwunden haben. Dieses Mal alles per Handarbeit und ohne Drohne“, erklärt Kühne. Er hat sein Ziel erreicht und auch sein Kumpel Lukas Irmler, Slackline-Profi aus Freising, schaffte am nächsten Tag die Line mit verbundenen Augen und teilt jetzt mit Friedi Kühne den Rekord.
Imposante Dimension: Die Highline in Russland, Foto Jaan Roose |
Roadtrip durch Georgien, Armenien und Iran
Jetzt warten schon die nächsten Abenteuer auf Kühne. „Ich begebe mich jetzt auf einen längeren Roadtrip durch Georgien und Armenien bis in den Iran, wo ich mit ein paar russischen Freunden schöne alpine Highlines in völlig neuen, exotischen Landschaften laufen will. Danach geht es wieder heim zu gemütlichen Highlines in den Alpen mit Lukas und meinen Inntaler Freunden. Und zu vielen Events, Workshops und Vorträgen.“ Petra Rapp