Was tun im Notfall? Sport in den Bergen ist schön, doch Unfälle können immer passieren

Foto: Bergwacht Brannenburg
Um 14.30 Uhr machten sich mehrere Suchtrupps der Bergwacht Brannenburg auf den Weg. Ein Notruf war eingegangen. Ein Bergwanderer ist seinem entlaufenen Hund nachgeeilt, hat sich dabei verstiegen und ist dann in unwegsames, absturzgefährdetes Gelände geraten. Seinen Hund hat er zwar dabei gefunden, beide konnten aber weder vor noch zurück, zumal der Wanderer auch keine geeigneten Bergschuhe anhatte. Er hat Glück gehabt, obwohl er seinen Standort nicht genau beschreiben konnte, hat ihn die Bergwacht relativ schnell gefunden und konnte ihn samt Hund mit mobilen Sicherungsgeräten noch vor Einbruch der Dunkelheit aus dem hoch steinschlaggefährdeten Gebiet unverletzt bergen. 15 Einsatzkräfte waren dafür vier Stunden im Einsatz. „Die Fälle, wo Wanderer den markierten Weg verlassen und sich dann verlaufen, werden immer häufiger. Querfeldein kann es auch in leichterem Gelände schnell gefährlich werden, wenn man sich nicht auskennt und zudem schlecht ausgerüstet ist“, sagt Andreas Langenstrass, Bereitschaftsleiter der Bergwacht Brannenburg. Andere hatten nicht so viel Glück. 21 Tote und zahlreiche Verletzte musste die Bergwacht Bayern seit Anfang Mai bereits bergen. Kommen zu den Wanderern, Kletterern und Mountainbikern mit dem Schnee jetzt dann auch noch die Skifahrer und Tourengeher in die Berge, steigt die Zahl der Einsätze mit Sicherheit noch einmal rapide an.

Foto: Petra Rapp
Hauptursachen der Bergunfälle sind laut Bergwacht die Folge mangelhafter Kondition und reiner Selbstüberschätzung. Doch auch wenn man gut ausgerüstet ist, eine der Kondition angepasste Route wählt und alpine Gefahren bewusst meidet, sollte man auf Unvorhergesehenes immer vorbereitet sein. Ein unverhoffter Wetterumschwung, ein blöder Stolperer oder Sturz, Unfälle passieren. 

Hier die zehn wichtigsten Schritte, wie man bei einem Berg- oder Skiunfall reagieren sollte (Quelle DSV aktiv): 

1. Ruhe bewahren

Bei einem Bergunfall oder der Beobachtung eines solchen ist es wichtig, schnell und richtig zu reagieren. Wer Zeuge eines Unglücks wird, ist gesetzlich zur Hilfeleistung verpflichtet. Verunglückte und Ersthelfer müssen Ruhe bewahren. Nur wer mit Bedacht handelt, bekommt die Notfallsituation in den Griff und schnellst möglich gelöst!

2. Unfallstelle absichern

Die Unfallstelle muss klar erkenntlich abgesichert werden. Nur so können weitere Zwischenfälle oder Zusammenstöße vermieden werden. Besondere Vorsicht ist in Kurven und an unübersichtlichen Stellen geboten: Vor allem Radfahrer können in der Abfahrt mit hohem Tempo um die Ecke biegen und in Verunglückte wie Helfer hineinfahren. Auch auf der Piste muss eine Unfallstelle klar – am besten durch gekreuzte Ski – gekennzeichnet sein. Bei Steinschlag oder in steinschlaggefährdetem Gelände muss sofort eine geschützte Stelle oder Nische aufgesucht werden, sofern der Verletzte bewegt werden kann – sonst Rucksäcke über die Köpfe halten!

3. Die W-Fragen

Um die Situation korrekt einschätzen zu können, müssen sich Ersthelfer und Betroffene genau orientieren und die folgenden W-Fragen auch bei der Alarmierung der Bergrettung beantworten: 
1. Wo ist der Unfallort? (markante Geländepunkte, Höhe und wenn möglich GPS-Koordinaten nennen) 
2. Was ist geschehen?
3. Wie viele Verletzte/betroffene Personen?
4. Welche Verletzungen?
5. Wer meldet den Unfall?
Foto: Bergwacht Bayern

4. Alarmierung der organisierten Bergrettung

Nicht zögern: Bei schweren Verletzungen direkt professionelle Hilfe rufen. Die organisierte Bergrettung ist in Deutschland in Gegenden mit Mobilfunkanbindung einfach und direkt über die Notrufnummer 112 erreichbar. Zusätzlich gibt es lokale Notrufnummern, die an den Talstationen und Berghütten aushängen. Nicht alle Bereiche im alpinen Gelände sind mit Mobilfunk abgedeckt. Falls das Handy keinen Empfang hat, Standort wechseln und erneut versuchen. Ansonsten Hilfe an der nächsten Hütte anfordern. Bei der Unfallmeldung müssen die oben genannten W-Fragen beantwortet werden! Wichtig: Bei einem Hubschraubereinsatz müssen die vor Ort herrschenden Wetterbedingungen geschildert werden. Und je genauer man sagen kann, wo man sich befindet, desto schneller ist die Bergwacht vor Ort.

Nach einem Notruf rückt eine Einsatzgruppe der Bergwacht zur Rettung Verunfallter aus. Die Bergwacht gewährleistet den Rettungsdienst in alpinen Einsatzbereichen, an unwegsamen Einsatzschwerpunkten und in Höhlen. Allein in der Bergwacht Bayern engagieren sich etwa 4.200 ehrenamtliche Einsatzkräfte. Neben Einsatzleitern, Notärzten, Rettungsassistenten und Rettungssanitätern verfügt sie für besondere Situationen über Spezialeinsatzkräfte. Bei Berg- und Alpinunfällen im Winter erhält die Bergwacht Unterstützung von der DSV-Skiwacht. 

5. Handy im Auge behalten

Nach der Alarmierung der Rettung sollte der Helfer weitere Telefonate unterlassen. Die Verbindung muss für eventuelle Rückrufe der Bergrettung stets frei sein, sollten zum Beispiel weitere Fragen etwa zum Zugang zur Unglücksstelle auftauchen. Wichtig: Handynetz im Blick behalten und das Mobiltelefon laut stellen!

6. Erstversorgung 

Sobald die organisierte Rettung alarmiert wurde, müssen sich die Helfer um die Erstversorgung des oder der Betroffenen kümmern. Dabei wird keine fachmännische Wundbehandlung verlangt oder medizinisches Fachwissen vorausgesetzt – Erste Hilfe kann und muss jeder leisten, sei es durch das Beruhigen der Betroffenen oder durch die Versorgung mit Verbandsmitteln. Ein Erste-Hilfe-Set sollte jeder Bergsportler im Rucksack habe. 

Foto: EVOC

7. Aufmerksamkeit wecken

Sollten die Betroffenen schwerer verletzt oder mehrere Personen verunglückt sein, müssen weitere Helfer alarmiert werden. Nicht zögern: Andere Bergsportler durch laute Rufe und deutliches Winken auf die Situation aufmerksam machen. Mit etwas Glück hat der nächste Wanderer gar eine medizinische Ausbildung. Jeder, der nicht aktiv zur Rettung der Verunglückten beiträgt, sollte die Unfallstelle schnellstmöglich verlassen. Der Weg für die Rettungskräfte muss zu jeder Zeit frei bleiben.

8. Beruhigung der Opfer

Wer Ruhe ausstrahlt, trägt zur Beruhigung der Verunglückten bei. Herrscht um die Unglücksstelle Panik oder hektisches Treiben, überträgt sich das auf die verletzte Person. Helfer sowie anwesende Verwandte und Bekannte müssen deshalb zu jeder Zeit ruhig bleiben, dem Unfallopfer gut zureden und darauf achten, dass der Betroffene bei Bewusstsein bleibt.

9. Für Rückfragen zur Verfügung stehen

Auch wenn die alarmierte Bergrettung eingetroffen ist, sollten die Ersthelfer am Unfallort verbleiben. Für die Bergwacht ist es wichtig, einen konzentrierten Ansprechpartner zur Seite zu haben, der fundierte Angaben zum Unglücksablauf und zur Erstversorgung machen kann. Für spätere Rückfragen sollten Helferunbedingt ihre Mobilfunknummer hinterlassen.

10. Begleitung ins Krankenhaus

Muss der Verunfallte ins Krankenhaus transportiert werden, sollten Helfer und Betroffene und Opfer mit der Rettung klären, ob eine Begleitung in die Klinik erwünscht ist. Nahestehende Personen sind eine wichtige Stütze für Verletzte! Sie können allein durch ihre Anwesenheit beruhigend auf das Opfer wirken.



Tipp: Schnelle Ortung per WhatsApp


WhatsApp ist inzwischen der beliebteste Messenger für Smartphones. Doch die App eignet sich nicht nur zum Chatten, Bilder verschicken und Telefonieren, sie ist auch bestens zur schnellen Standortübermittlung geeignet und wird immer häufiger auch von den Rettungsdiensten zur Ortung von vermissten Personen eingesetzt. Hat sich jemand beispielsweise im Gebirge verlaufen, kann er damit seinen Standort relativ einfach anderen WhatsApp-Nutzern mitteilen oder von ihnen lokalisiert werden. Dafür muss lediglich die Standort-Ortung in den persönlichen Einstellungen des Handys für WhatsApp freigeschalten sein. Geht man dann in die Chatfunktion, kann unter Anhang „Ort senden“ der Standort samt Koordinaten übermittelt werden. Egal ob iPhone, Android-Smartphone oder WindowsPhone, die Standortübermittlung ist mit allen Geräten möglich, der Service kostenlos. Sollte kein GPS Signal verfügbar sein oder wurde das GPS deaktiviert, dann wird der Standort mithilfe des Netzbetreibers ermittelt. 

Petra Rapp