Bewegt durchatmen - Training und Spaß draußen stehen bei „frischluft-fitness“ im Mittelpunkt

Sylvia Nagel, Foto Rapp
„Sucht Euch gleich mal vier große Steine“, begrüßt Sylvia Nagel die bunt gemischte Gruppe, die sich hier kurz vor 18 Uhr am Waldrand des Ebersberger Forstes mehrmals in der Woche trifft. Die Steine werden als Viereck auf den Boden gelegt und bei einer Koordinationsübung für Geist und Körper zum Aufwärmen und später im Wald als Hantelersatz bei Übungen für die Rücken- und Schultermuskulatur genutzt. Die Stunde nennt sich „naturraum.fitness“, weitere im Wochenplan heißen zum Beispiel „wirbel.seele“, „gleich.ge(h)wicht“, „trailrunning“, „lebenskrafttage“ oder „mind.boxing“ und haben andere Trainingsschwerpunkte. Eines haben sie aber alle gemeinsam: Sie finden ganzjährig draußen in der Natur statt, egal bei welchem Wetter.

F. Karasek (Foto: frischluft-fitness)
Das Konzept, das hinter diesem Training steht, wurde vom Salzburger Sportwissenschaftler und früheren Fußballprofi Florian Karasek in Zusammenarbeit mit der Uni Salzburg entwickelt und 2010 ins Leben gerufen wurde. „frischluft-fitness“ als eine Wiederbelebung der alten Trimm-Dich-Pfad-Philosophie oder eine Art bewegter Waldkindergarten für Erwachsene? „Wir wollen die Leute wieder ein bisschen raus aus den Fitness-Studios und wieder zurück in die Natur locken und bieten dazu professionell geführtes Training, das mit herrlichen Naturerlebnissen verbunden wird und so aktive Erholung für Körper und Geist schafft. Und zwar fern von Leistungsdruck“, erklärt Sylvia. Die ausgebildete Sport- und Gesundheitstrainerin setzt das frischluft-Konzept in der Region München-Ebersberg mit vielfältigen Kursen für jedes Alter und Fitnessniveau um. „Der Zusatznutzen von Training in der Natur ist unbestritten und durch unzählige Studien belegt“, sagt Karasek. „Wer im Grünen trainiert, hat nachgewiesen weniger Ängste und Depressionen. Auch der Stressabbau funktioniert in der Natur besser. Zusätzlich fördert man draußen die Kreativität und lenkt seine Gedanken in neue Bahnen.“

Das aktive Durchatmen vom Alltag scheint allen Spaß zu machen hier im schönen Wald bei Eglharting, wo Wege und Lichtungen als Trainingsraum sowie neben den Steinen auch Baumstämme, Wurzeln und Äste als natürliche Übungsgeräte dienen. „Sicher, wenn es mal regnet oder im Winter schneit und saukalt ist, muss man sich schon überwinden, sich nach der Arbeit nicht gleich auf die Couch niederzulassen. Aber es macht einfach unheimlich Spaß, das regelmäßige Training tut gut und danach fühlt man sich viel besser“, meint eine Teilnehmerin.

Karaseks Idee kommt auch in Oberbayern an. Die Kurse, die zum Teil im Rahmen der Betrieblichen Gesundheitsförderung gefördert werden, sind gut besucht. Auch große Firmen nutzen das vielfältige frischluft-fitness-Angebot. „Wer will, kann übrigens jederzeit einmal kostenlos bei uns Frischluft schnuppern“, sagt Sylvia und streift sich die Boxhandschuhe für die folgende mind.boxing-Stunde auf der Wiese nebenan über. Mehr Infos unter www.frischluft-fitness.com.


Ausprobiert

Pia Widmesser, 28, aus Kiefersfelden, ist Deutschlands beste Freeskierin. Sie hat das "frischluft-fitness"-Training im Eberberger Forst für uns getestet:

„Ich habe mich sehr auf das Training gefreut, weil ich schon viel Positives über dieses Konzept gehört habe. Als ich dafür Zeit hatte, stand ein Training mit den Inhalten Walking (Grundlagenausdauer), Übungen entlang der Wegstrecke, sicherer Tritt in unwegsamem Gelände auf dem Programm. Na ja, dachte ich, eine lockere Trainingsstunde am Abend, konzipiert für die sportliche Mitfünfzigerin. Wird wohl eher sehr entspannt. Ich habe deshalb am Vormittag noch eine Bergtour gemacht, um auf mein Trainingspensum zu kommen.

Aber ich muss sagen, wenn man die Übungen alle richtig und konsequent ausführt, dann kann das ziemlich anstrengend sein. Ich war überrascht, dass man in der freien Natur ohne technische Hilfsmittel so viele Übungen für die verschiedensten Körperteile machen kann. Allein das Gehen durch den unebenen Waldboden ist unheimlich gut für das Balancegefühl. Und wenn man dann noch ständig so positiv motiviert wird wie hier und mit gezielter Anleitung und ständiger Korrektur von Fehlhaltungen Übungen dazu macht, kann man unheimlich effektiv trainieren und das eigene Körpergefühl schulen. Ich fand das Training richtig gut. Jeder, egal, welches Fitnesslevel er mitbrachte, ist hier auf seine Kosten gekommen. Alle haben super trainiert, Frischluft getankt, hatten richtig Spaß und den Kopf danach wieder frei vom Alltagsstress.“

Text: Petra Rapp 

Der Artikel ist heute auch auf der tz Draußen-Seite erschienen: pdf zum Download