Spektakulärer Tanz auf dem Vulkan - Neuer Slackline-Weltrekord von Alexander Schulz



Profi-Slackliner Alexander Schulz aus Rosenheim begeht als erster Mensch eine Highline über einem aktiven Vulkan. Der Yasur im Dschungel Vanuatas im Südpazifik gilt als der aktivste Vulkan der Welt.

Die Lava des Yasur spuckt und brodelt. Auch am 15. April bricht dieser Vulkan alle paar Minuten aus und die Lavabrocken fliegen Alex Schulz verdammt nah um die Ohren. Der Schweiß rinnt im tropisch-heißen Klima auf dieser südpazifischen Insel Tanna sowieso und hier gut 40 Meter über dem feurigen Grund noch mehr. Das Atmen unter der Gasmaske fällt in der schwefelhaltigen Luft schwer, doch im dritten Anlauf schafft der Extremsportler nach einem fünfminütigen Balanceakt die 260 Meter lange Line von einem Kraterrand zum anderen.


„Da war viel Ehrfurcht und eine gewisse Urangst vor dieser Naturgewalt dabei. Diese Kraft der Natur sieht man auf der Slackline nicht nur als heller Blitz mit Nebelschwaden, die spürt man auch richtig. Nach jeder Eruption kommt eine auch akustisch sehr laute Druckwelle, die hat mich ein paar Mal von der Line gehauen. Da muss man schon sehr fokussiert bleiben und Vertrauen haben, dass alles passt und wir das auch schaffen. Ein bisschen unwirklich alles, wie ein Traum“, erzählt der Rosenheimer. 


 

Alexander Schulz (28) hat schon einige Weltrekorde aufgestellt und viele spektakuläre Highlines begangen. Doch dieses „LavaLine“-Projekt, das noch verfilmt wird und ihm einen weiteren Eintrag ins Guiness-Buch der Rekorde gebracht hat, ist für ihn nicht nur aus sportlicher, sondern auch aus emotionaler Sicht etwas ganz Besonderes. Denn neben der Crew seiner Rosenheimer Produktionsfirma One Inch Dreams (www.oneinchdreams.de), zu der auch der Neubeurer Marinus Spatzier und der Münchner Regisseur Johannes Olszewski gehören, sowie dem brasilianischen Slackliner Rafael Bridi war auch Raimon Schulz (70), der Vater von Alexander, mit auf der Insel dabei. 


Emotionale Vater-Sohn-Reise 
Gemeinsam mit seinem ebenfalls in Rosenheim lebenden Vater hat Alex Schulz von frühester Kindheit an spektakuläre Abenteuer-Reisen unternommen. Noch vor Alex‘ Schulbeginn tingelten sie vier Wochen im Wohnmobil quer durch Marokko, Dünenskifahren inklusive. Als Sechsjähriger war Alex dann erstmals mit ihm am Ätna, weitere Reisen dorthin folgten. Die Vater-Sohn-Reisen wurden im Laufe der Jahre auch durch Alexanders Slackline-Karriere immer seltener, die gemeinsame große Leidenschaft für Vulkane aber blieb. So kam die Idee, beides miteinander zu verbinden. „Ich wollte nach zehn Jahren Pause unbedingt nochmal mit meinem Vater gemeinsam verreisen, wer weiß, wie lange das noch geht. Unsere Wahl fiel dann bewusst auf den Yasur. Er bricht alle drei bis sechs Minuten aus. So hatten wir auch aus logistischer Sicht die Sicherheit, dass er wirklich aktiv ist, wenn wir dort sind und dass wir das Highline-Projekt auch realisieren können“, erzählt Alex. 


Vom Lockdown überrascht 
Doch bis dahin hatten sie noch einige Hürden zu überwinden. Kurz nach der Ankunft auf der Insel Tanna im Archipel von Vanuatu wurden die vier Oberbayern und ihr brasilianischer Freund vom Corona bedingten, weltweiten Lockdown überrascht. Sie warteten so vergeblich auf weitere Crewmitglieder, unter ihnen zwei Vulkanologen, die sich vor Ort auskannten, und waren somit auf sich allein gestellt. Aus geplanten zehn Tagen wurden so letztendlich knapp sechs abenteuerliche Wochen auf der Insel, bevor sie Ende April mit einem der letzten Rückhol-Flieger der Bundesregierung zurückkehren konnten. 



Bescheiden, aber glücklich und zufrieden
„Das Leben dort im Dschungel war sehr einfach und bescheiden, aber die Menschen dort scheinen alle sehr zufrieden und glücklich und waren alle sehr nett und hilfsbereit“, erzählt Johannes. Mit Beziehungen und Vulkanführern vor Ort gelang es ihnen trotz behördlicher Sperrungen und klimabedingten Problemen, die Highline am Vulkankrater zu installieren.

„Uns ist anfangs sehr schnell die Kette am Anker korridiert und wir mussten eine neue organisieren, aber das Kritischste war die Slackline. Sie durfte nicht nass werden, denn Schwefel in Verbindung mit Wasser ergibt extrem ätzende Schwefelsäure, die das Material sehr schnell zersetzt. Wir mussten die Line deshalb immer wieder über Nacht abbauen, um sie vor eventuellem Regen zu schützen“, erzählt Raimon, der zum ersten Mal überhaupt bei einem großen Highline-Projekt seines Sohnes dabei war. 



Potenziertes Glücksgefühl 
Wie ging es ihm, als sein Sohn dann auf der Highline war? „Ich konnte es gut aushalten. Erstens habe ich dem Marinus, der für den technischen Aufbau zuständig war, vertraut, dass er das gut macht. Und ich habe auch gesehen, dass die Lavabrocken bei diesem Krater immer sehr gleichmäßig flogen und hatte ein gutes Gefühl, dass das alles gehen müsste. Ich war dann schon recht ruhig und hatte ein großes Vertrauen, dass Alex das schafft, als er auf der Line war. Aber als wir dann abgebaut haben, habe ich erst gemerkt, dass viel Adrenalin im Spiel war. Ich war schon sehr erleichtert.“ War es für Alex durch die väterliche Präsenz anders? „Ich war mir die ganze Zeit auf der Line bewusst, dass er da ist und das hat mich schon sehr gepusht. Es hat mich insgesamt sehr gefreut, dass er dabei sein konnte. Ich kann die gemeinsame Zeit heute viel mehr wertschätzen. Unsere gemeinsame Leidenschaft für die Vulkane hier mit dem Highlinen zu verbinden und das gemeinsam zu erleben, hat das Glücksgefühl schon noch mal potenziert.“ 




Text: Petra Rapp
Bilder: Johannes Olszewski/OneInchDreams


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