Open Water - Freiwasserschwimmerin Mirjam Schall im Interview

Mirjam Schall, Foto Aqua Sphere
Jetzt geht es so richtig los: Die Badeseen haben angenehme Temperaturen, die Triathlon-Wettkämpfe sind in vollem Gange und die Open-Water-Saison nimmt Tempo auf. Einmal eintauchen nach einem anstrengenden Tag im Büro, Entspannung und Erholung am und im See finden und das Element Wasser in natürlicher Umgebung und ohne Chlor spüren – einfach schön! Vielen ambitionierten Schwimmern wird es zudem im Freibad zu eng und es zieht sie ebenfalls in die offenen Gewässer. Sie wollen sich in großen Seen, Flüssen oder im Meer austoben und ihre Leistungsgrenzen austesten. Unsere Redaktion sprach mit Aqua-Sphere-Athletin Mirjam Schall (http://mirjam-schall.de/), begeisterte wie erfolgreiche Open-Water-Schwimmerin über die Lust, aber auch die Gefahren im Freiwasser.

Wann warst Du in diesem Jahr das erste Mal im Freiwasser?
Mirjam Schall: Am 1. Januar bin ich für dieses Jahr das erste Mal im See schwimmen gewesen und seitdem regelmäßig. Es gibt eigentlich keine Zeit, in der ich nicht draußen schwimme. Mir macht das einfach unheimlich Spaß - Wasser und die Bewegung darin ist mein Lebenselixier.

Wie oft schwimmst Du in der Woche? Wo am liebsten?
Mirjam Schall: Ich schwimme pro Woche - je nach Trainingsplan - bis zu sechs Mal. Davon gehe ich drei Mal in den See und drei Mal ins Becken. Am liebsten ist mir aber, wie schon gesagt, das Schwimmen im See, aber ich muss auch im Becken trainieren, was ja jetzt zum Glück auch draußen ist.

Im vergangenen Jahr sind laut Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (www.dlrg.de) in Deutschland mindestens 404 Menschen ertrunken. 329 Männer und Frauen, das sind mehr als drei Viertel der Opfer, verloren in Flüssen, Bächen, Seen und Kanälen ihr Leben. Besonders oft sind es Ältere, in der Altersklasse ab 55 Jahren oder Kinder. Als Gefahrenquelle Nummer werden immer wieder die Binnengewässer genannt. Auf was sollte man Deiner Meinung achten, bevor man sich in die Fluten stürzt?

Mirjam Schall: Kinder sollten unbedingt in einem Schwimmkurs richtig schwimmen lernen und selbst danach sollte man sie nicht unbeaufsichtigt im Wasser lassen, bis sie wirklich sicher und ausdauernd schwimmen können und auch alt genug dafür sind. Jeder, egal wie alt, sollte sich und sein Können wie auch die Verhältnisse richtig einschätzen. Wer ein guter Freiwasserschwimmer werden will, muss eine sichere Schwimmtechnik mitbringen und für lange Distanzen, auch außerhalb des Wassers, seine Ausdauer, aber auch Stabilität trainieren. Bevor man ins Wasser steigt, muss man unbedingt die Bedingungen vor Ort prüfen: Wie ist das Wetter, der Wind, das Wasser mit seinen Wellen, Strömungen, woran kann ich mich orientieren etc. Man sollte sich einfach verantwortungsbewusst und nicht leichtsinnig sich selbst und anderen gegenüber verhalten.

Hast Du spezielle Sicherheitstipps für jemanden, der gerne im offenen Wasser auch mal weite Strecken schwimmen will?
Mirjam Schall: Am besten immer zu zweit und - vor allem, wenn man doch alleine schwimmt - zur Sicherheit und auch zur besseren Sichtbarkeit immer mit Schwimmboje schwimmen. Ganz wichtig sind auch markante Badekappen. Es regt mich immer tierisch auf, wenn Schwimmer nicht daran denken und am liebsten gestylt und ganz in Schwarz ins Wasser steigen. Das ist unverantwortlich und extrem leichtsinnig für sie selbst wie für alle anderen Wassersportler, seien es Boote, Surfer oder SUPs. Da wird man so schnell übersehen. Außerdem sollte man sich gut orientieren können und gerade in sehr großen Gewässern oder im Meer niemals ohne Begleitboot außerhalb der Sichtnavigation kommen.

Wann merkt man beispielsweise, dass man zu sehr auskühlt?
Mirjam Schall: Ganz einfach, wenn man friert. Beim Freiwasserschwimmen gibt es aber neben der Auskühlung noch eine Möglichkeit, warum man zittert: wegen Schwäche oder manchmal kann es einfach auch Hunger sein.

Bist Du selbst schon einmal im Wasser in Schwierigkeiten geraten?
Mirjam Schall: Klar. Aber zum Glück konnte ich mich da immer selbst wieder rausholen. Hier kommt mir zum Glück meine jahrelange Erfahrung zu Gute. Außerdem habe ich mich - besonders wegen der extrem langen Strecken, die ich beispielsweise bei den Durchquerungen schwimme - von meinem Mentalcoach dafür speziell ausbilden lassen. Ich konnte so meine eigene Strategie entwickeln, wie ich in engen Situationen wieder zur Ruhe komme, um überlegt handeln zu können. Die größten Fehler passieren in Panik - und das nicht nur im Wasser. Das Freiheitsgefühl im Wasser kann innerhalb weniger Sekunden in Panik umschwenken, wenn etwas Außerplanmäßiges passiert. Ein Krampf, ein großer Fisch, Wasserpflanzen… Dann ist es natürlich gut, wenn man als Alleinschwimmer nicht gleich von der Angst gelähmt wird. Wenn man zu zweit schwimmt und deshalb jemand in der Nähe ist, der einen beruhigen oder einem helfen kann, ist natürlich optimal.

Herzlichen Dank für das Gespräch und eine schöne und erfolgreiche Freiwasser-Saison!

Petra Rapp