Frühjahr ist Hochtouren-Zeit - Ausrüstungstipps vom Hindelanger Bergprofi Patrick Jost

Aufstieg im Frühjahr zum Cevedale
Lust auf alpine Höhepunkte? Na dann los! Jetzt in den Frühlingsmonaten ist meist die beste Zeit, sich an höhere Ziele zu wagen und noch ein paar schöne Schwünge im Weiß zu genießen. Eine Skihochtour braucht allerdings eine langfristige und gute Vorbereitung. Körperliche Fitness samt technischem Können in Fels, Eis und Schnee müssen ebenso passen wie eine detaillierte Tourenplanung. Und in Sachen Ausrüstung ist es auch nicht mit der normalen Sonntags-Bergausrüstung getan. Neben der funktionellen Hartware (siehe Checkliste unten) spielt vor allem auch die richtige Bekleidung für eine genussvolle Skihochtour eine große Rolle. 

Bevor sich unsere Autorin Petra Rapp vor kurzem im Rahmen der Dynafit-Gipfel-Serie mit Bergführer Patrick Jost (Leiter Hindelanger Bergschule, www.bergschulen.de) drei Tage in die Höhe des Ortlergebirges mit Besteigung der Suldenspitze (3.375 m) und des Cevedales (3.769 m) wagte, hat sie sich bei ihm einige Tipps geholt, um für alle Fälle gerüstet zu sein.

Patrick Jost, Foto P.Rapp
Hochtouren-Bekleidung – Patrick Jost empfiehlt:

Mit dem bewährten Schichten-Prinzip fährt man bei jeder Hochtour gut. Dabei sollte man an vier funktionelle Bekleidungsschichten denken, die man dann bei Bedarf an- oder ausziehen kann: 

1. Unterwäsche: Die erste Schicht direkt auf der Haut spielt vor allem bei schweißtreibenden Aktivitäten wie dem Aufstieg eine große Rolle. Sie muss den Schweiß schnell vom Körper weg transportieren und so vor der gefährlichen Verdunstungskälte schützen. Funktionsunterwäsche gibt es in vielen Variationen. Hier je nach Belieben auswählen. 

2. Midlayer: Hier gibt es jede Menge Windstopper- oder eine große Anzahl von Fleece-, Merino- oder Hybridpullis oder -jacken. Viele denken, dass sie mit Unterwäsche und der mittleren Schicht auch auskommen, wenn es kalt ist oder sie in einer kalten Hütte sitzen. Solange ich mich bewege und der Körper eigene Wärme produziert, passt das auch oft. Bei Touren speziell auf kalte Berge wie dem Mont Blanc, wo ich vom Tempo so unterwegs bin, dass ich nicht schwitze bzw. auf Temperatur komme, friert es mich aber dann schnell und das kostet Energie. 

Dynafit Aeon Primaloft Jacke
3. IsolationsschichtWenn ich mich nicht bewege bzw. der Körper nicht auf Temperatur kommt - am Gipfel, auf der Hütte, im Biwak oder wenn es sehr kalt ist und ich sehr langsam unterwegs bin - ist unbedingt noch eine wärmende Isolationsschicht gefragt. Hier ist eine Jacke mit Daune oder Primaloft die erste Wahl. Beides gibt es in unterschiedlichen Stärken und Ausführungen für unterschiedliche Temperaturbereiche. Primaloft hat hier den Vorteil, dass sie auch wärmt, wenn sie feucht ist. Daunen verkleben dann häufig und können so nicht mehr isolieren. Bei Wintertouren oder hohen Bergen sollte immer eine gute Primaloftjacke dabei sein. Wenn es zu kalt wird, dann geht irgendwann nichts mehr.

4. Wetterschutz-SchichtEine sehr funktionelle, sprich wind- und wasserdichte, aber atmungsaktive Wetterschutzschicht wie beispielsweise Jacken und Hosen mit Gore-Tex-Ausstattung sollten bei jeder Hochtour dabei sein. Auf hohen Gipfeln bläst einem oft ein starker Wind entgegen und mit Nässe durch Schnee oder auch mal Regen in tieferen Lagen im Frühjahr muss man auch immer rechnen. Die Schicht muss aber atmungsaktiv sein, damit der Schweiß von innen nach außen weichen kann und man so auch innen trocken bleibt.

Häufige Fehler: Die meisten Bekleidungsfehler, die ich immer wieder bei meinen Kunden erlebe: Sie ziehen oft zu viele Schichten an und wundern sich, dass sie dann schnell durchgeschwitzt sind. Nicht aus der Hütte raus und sich bis zum Gipfel kaputt schwitzen oder als Eiszapfen ankommen! Nach 10 bis 20 Minuten, wenn man auf Lauftemperatur ist, besser noch mal was aus- oder anziehen. Dauerndes Überhitzen oder Frieren kostet viel Energie.

Tipp: Wer übrigens unter kalten Fingern leidet: Bei Jacken oder Pullis sollte der Ärmel über den Puls (Handgelenk) gehen. Oft sind die Tourengeher bis oben zugepackt, aber zwischen Handschuhen und Jacke schaut das Handgelenk heraus. Wenn der Puls warm bleibt, gibt es meist auch keine Probleme mit kalten Fingern und der allgemeinen Körperwärme.­­

Bei der richtigen Bekleidung sollte man auch nicht am falschen Ende sparen. Qualitativ hochwertige, funktionelle Bekleidung hat man länger und man zahlt nur einmal. Mit der richtigen Ausrüstung läuft auch die Wunschtour leichter von der Hand und man hat einfach mehr Spaß.


Checkliste Ausrüstung Ski-Hochtour

  • Hochtourentaugliche Bekleidung samt Wechselwäsche
  • Klettergurt mit verstellbaren Beinschlaufen
  • Ski- oder Touren-Helm
  • Steigeisen
  • Tourenschuhe, Ski, Felle, LVS-Geräte, Schaufel, Sonde
  • Rucksack, mind. 35l - je nach Tour evtl. Lawinenairbag 
  • Eispickel
  • Tourenstöcke oder Teleskopstöcke
  • Seil
  • Eisschraube
  • Karabiner, Reepschnüre, Bandschlinge
  • Stirnlampe
  • Karte 
  • Kompass, Höhenmesser, evtl. GPS
  • Für Hüttenübernachtungen: Hüttenschlafsack, evtl. Ohrenstöpsel
  • Sonnenschutz, Augenschutz
  • Erste-Hilfe-Set
  • Trinkflasche, ausreichend Proviant
  • Ausweise, Handy mit Notfallnummern

Petra Rapp